Afrika in Fellbach

Bereits zum zweiten Mal kam der emeritierte Professor für Soziologie und Ethnologie Doktor Tirmiziou Diallo aus Worms zu den 4. Fellbacher Weltwochen 2019, wie bereits bei der dritten Ausgabe 2017. Erneut hat die Stadt Fellbach bereits zum vierten Mal den ersten Preis unter den Baden-Württembergischen Mittelstädten (50.000 bis 100.000 Einwohnerinnen) geholt. Der Wettbewerb nannte sich Meine.Deine.Eine Welt und wurde von der Stiftung Entwicklungszusammenarbeit ausgelobt, die dem Land politisch zuzuordnen ist. Unter Leitung von Birgit Held (Rathaus, CDU) haben über 6 Wochen verteilt im Herbst in der Stadt 56 Veranstaltungen zu den Entwicklungsnachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen stattgefunden.

Diallo, 83 Jahre jung, zählt zu den führenden afrikanischen Intellektuellen in Deutschland, wo er seit 60 Jahren lebt. Er stammt aus einem Dorf bei der Stadt Mamou in der Republik Guinea, Westafrika. Sein Vater war Imam, er selbst ist Muslim. Nach einer langjährigen Station in Frankfurt bei Theodor W. Adorno und Max Horkheimer hat es ihn nach Dakar, Senegal verschlagen, wo er bis zu seiner Emeritierung Dekan an der Université du Sahel war. Er hat im Zuge seiner Forschungsarbeiten fast den kompletten afrikanischen Kontinent bereist.

Die freie Rede ist sein Steckenpferd und so hielt er über 3 Stunden in der Arbeiterwohlfahrt 20 Zuhörerinnen in seinen Bann. Sein Lebensmotto ist der Spruch: “Afrika ist nicht das Problem, Afrika ist die Lösung.”. Seiner Meinung nach bietet der reiche afrikanische Kontinent eine Menge an Lösungen für Europa. So zählt er ruhig und geduldig afrikanische Weisheit um Weisheit auf. Er hofft sehr auf Deutschland, das als einziges Land seine Verbrechen aufarbeitet wie sonst keine andere Nation in Europa. Der sogenannte Westen steht am Abgrund.

Diallo ist mit Daniel Cohn-Bendit und dem Dalai Lama befreundet. Der Tibeter hat dem Afrikaner von einer Reise in dessen Kontinent berichtet. So traf er eine Menge Französinnen, Engländerinnen und Portugiesinnen an, allerdings keine Afrikanerinnen. Natürlich eine Folge des Kolonialismus, der nach Aussage des Professors 100fach schlimmer war als die Shoah. Rechnet mensch die Todesopfer auf, kommt das in der Tat der Vergangenheit sehr nahe.

Haushaltsrede 2019 Langfassung

Liebe Kolleg*innen,
ich möchte die Gelegenheit nutzen um auf die Seebrücke aufmerksam zu machen. Dabei geht es darum, daß Fellbach als sicherer Hafen für Menschen erklärt wird, die aus Seenot im Mittelmeer gerettet werden. Zahlreiche deutsche Städte haben mit dem jeweiligen Gemeinderat dafür gestimmt. Auch Waiblingen auf Initiative seines Oberbürgermeisters Hesky.
Viele Menschen meinen, daß die Leute doch in ihrer Heimar bleiben sollen. Allerdings gerät dabei der Kolonialismus und der Imperialismus der letzten 500 Jahre in Vergessenheit, der Schuld ist an dem Ungleichgewicht zwischen Nord und Süd. Europa hat damals den ganzen Planeten zerstört, die Bodenschätze gestohlen und viele, viele Menschen deswegen getötet. Dieses sollte mensch nicht übersehen, wenn es darum geht, daß Menschen aus dem Süden sich aufmachen, um vor Elend, Hunger, Krieg und der Klimakatastrophe zu fliehen. Sie riskieren dabei bewußt ihr Leben um ein Zeichen zu setzen gegen diese Ungerechtigkeit. Viele sterben schon auf dem Weg in der Sahara und im Mittelmeer. Nur weil sie die falsche Hautfarbe haben, werden sie am Betreten der Festung Europa gehindert. Die sogenannte Agentur Frontex ist dabei ein Instrument der Europäischen Union, um diesen Menschen das Gastrecht zu verweigern.
Bei den Fellbacher Weltwochen wurden unerträgliche Bilder gezeigt von ehrenamtlichen Seenotrettern, die gefilmt haben, wie Afrikaner*innen bei der Rettung jämmerlich ertrunken sind. Viele davon können nicht mit aufs Schiff wegen Kapazitätsgründen und müssen zwangsläufig sterben. Diese Bilder machen wütend und traurig. Wütend, weil solche Zustände in der Sklaverei von Afrikaner*innen damals in Amerika immer noch aktuell sind und traurig, weil kein Mensch egal welcher Herkunft so etwas verdient hat.
Beim Thema Seebrücke möchte ich noch weiter gehen. Eine Luftbrücke ist gefragt, mit der ohne Visum und Schikanen Menschen aus Kriegsgebieten in sichere Länder geflogen werden können. In diesem Fall hätten die Länder des Südens eine Chance auf eine friedliche und eigenständige Entwicklung, somit würde den Schleuser*innen das Handwerk gelegt.
Wir in Deutschland können nicht alles Elend der Welt beenden, sagt mensch gern. Würden die Waffenlieferungen mitsamt der Ausbeutung durch die Konzerne sofort gestoppt, würden die Menschen ihre Ruhe haben und sich selbst entwickeln können. Mein Motto: Fluchtursachen bekämpfen, geht nur über die Kontrolle der Konzerne. Dann wäre die Macht überschaubar und kontrollierbar. So wie das jetzt abläuft, fährt unsere Wirtschaft vor die Wand und die Ungleichheit an Reichtum katapultiert sich nach oben. Gefragt ist Wirtschaftsdemokratie.
Armin Fischer, Stadtrat Fellbach DIE LINKE